Katzenmusik und Friedenslied - zum Sonntag Kantate

 

 

Katze schaut grimmig
Bildrechte Frank Nie

Vorbei ist’s mit der Ruhe. Grimmig schaut die Katze drein. In Sekundenbruchteilen springt sie vom Tisch hoch, sträubt das Fell und zeigt mir ihren allergrößten Buckel. Ihre bernsteinfarbenen Augen glühen, ihr Blick ist eine einzige Kampfansage: „Wage es ja nicht nochmal!“ Aber was kann sie schon ausrichten gegen mein Tenorsaxophon? Ich setze zum zweiten Ton an und sie zur Flucht. Und tschüss, Mieze!

Oh ja, meine Musik gefällt ihr nicht. Ist zugegebenermaßen nicht ganz unleise, dieses wunderbare Instrument. Die Querflöte meiner Frau toleriert sie immerhin, das Klavierspiel der Tochter – unklar. Entweder sie ignoriert es oder sie mag es sogar. Jedenfalls rührt sie sich bei Ludovico Einaudis Melodien nicht von der Stelle.

Die Welt ist voller Töne. Du merkst es immer: Wenn die Musik „stimmt“ für den Moment, dann rührt sie Dich tief an und lässt Dich schwingen, mit dem Fuß wippen, tanzen, weinen, schwelgen, mitsingen oder lachen. Stimmt sie nicht, dann wird sie Dich vertreiben - es sei denn, Du bist ins Konzert eingeladen und musst der Höflichkeit halber durchhalten.

Jedem Leben hat Gott eine eigene Melodie zugeschrieben, eigene Harmonien und einen einzigartigen Klang. Komponist*innen aller Zeiten und Genres lassen sich davon inspirieren. Und alles hat darin seine Zeit: Klage und Jubel, Liebe und Streit, stille Zeiten und volles Rohr.

Der Sonntag dieses Wochenende (15.5.2022) heißt im liturgischen Kalender Kantate, also „Singt!“. Er verbindet Musik mit dem Gotteslob. „Singt dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder. Er schafft Heil mit seiner Rechten und mit seinem heiligen Arm“ heißt es in Psalm 98,1. Und es stimmt: Wer miteinander singt, vor und für Gott, über Ländergrenzen hinweg, wird sich nicht bekriegen; wer erfahrenes Leid als Klage singt und Gott für jedes Leben lobt, stimmt ein in die Sehnsucht nach Frieden. Gemeinsam Singen ermutigt und stärkt, und ein Lied, selbst wenn es nur leise klingt in einem dunklen Keller, singt für das Leben in Frieden und Freiheit, für das alle Menschen bestimmt sind.

Pfr. Frank Nie
Evangelische Klinikseelsorge am Universitätsklinikum Erlangen