Adventsmail - 9. Dezember 2023

Weihnachtsklänge 
 

Gleich vorweg: Wir sind keine musikalische Familie. Für die Klangatmosphäre in unserem Haus sind Radio und Mp3 Player zuständig. Bis zum Advent. Dann wird es ernst. Denn Gesang gehört in diese Zeit, findet Mutter, nicht nur abgespielte Musik. 

Deshalb hat sie Weihnachtslieder gesammelt, in Ordner geheftet und passende Bilder auf die Seiten geklebt. So erkennt auch der Jüngste der Familie ein Lied, bevor er lesen kann. Das Repertoire ist breit, die Zusammenstellung originell. Der Bogen zieht sich vom Mittelalter bis zum aktuellen Weihnachtssong. „Es ist für uns eine Zeit angekommen“, da singen wir. Vater ist der Einzige, der die Töne trifft, einsam unter allen anderen, die intuitiv eigene Toninterpretationen zum Besten geben. Doch jeder hat einen Favoriten. 

Da wird das Lied vom Klo eingefordert („Gloria in excelsis Deo“) oder das vom Schneehöckschen („Schneeflöckchen Weißröckchen“). Besonders beliebt ist auch: „Als ich bei meinen Schafen wacht“, des Echohalls wegen im Refrain. Bei der Wiederholung des „froh, froh, froh“, steigert sich die Lautstärke weit über das erforderliche Maß hinaus. Manche Lieder sorgen automatisch für Stressentladung, in etlichen finden wir uns wieder. Die lange Wartezeit aufs Weihnachtsfest fällt nicht so schwer, weil sich auch andere Kinder fragen: „Wann ist es soweit?“. 
Wenn „In der Weihnachtsbäckerei „gematscht wird und die Plätzchen verbrennen, sind wir erleichtert, dass nicht nur uns das passiert. Werden ulkige Wörter, wie „Mäh und Tschingterätetä“ geschmettert, erhellt sich das ein oder andere Gesicht grinsend. 

Der Bildungsfaktor „Altdeutsch“- ebenfalls nicht zu unterschätzen. Da erklingen Worte wie fürbass, auserkoren oder Saitenspiel, die nicht im täglichen Sprachgebrauch vorkommen und diesen „insgemein“ erweitern. 

Wir sitzen auf dem Sofa und singen. A cappella und schief, mal laut, mal leise, manchmal mit Widerhall. Es kann auch vorkommen, dass unsere Gehörgänge nur schlecht aushalten, was unsere Stimmbänder produzieren. Dann beenden wir den Katzenjammer. Meistens aber können wir nicht genug kriegen vom echten Gesang. Dann hört man uns auch auf der Straße. Und wenn Sie im Advent an einer alten Doppelhaushälfte vorbeispazieren, aus deren Fenstern es laut und schief schallt, sind Sie vielleicht an unserer Haustür vorbei gegangen. Wenn Sie wollen, dann drehen Sie doch um und klingeln bei uns. Sie dürfen gerne mitsingen, zum Beispiel „Fröhliche Weihnacht, überall“. Eine Tasse Punsch gibt’s auch.

Julia Ruß
Ausbildungskurs Ehrenamtliche Klinikseelsorge 2023