Adventsmail - 2. Advent - 5. Dezember 2021

Advent,
die Zeit der Sehnsucht und Liebe

Alle Menschen tragen, oft ohne sich dessen bewusst zu sein, ganz tief in sich eine Sehnsucht. Wonach? Nach Gesehen werden, nach Anerkennung, im Grunde nach Liebe.
Nicht nur, um sie zu bekommen, sondern auch, um sie zu geben.

Wenn wir nur nicht so viel Angst davor hätten! Angst? Ja, weil Liebe Herzens-offenheit braucht und Herzensoffenheit verletzbar macht. Ich glaube, dass Jesus deshalb bis weit über die Grenzen des Christentums hinaus Nachhall findet, weil er sehr glaubhaft dafür steht, dass Lieben (und darum auch Vergeben) äußerst wichtig ist. Er beklagte unsere Herzenshärte, die dahin führt, dass Brücken zwischen Freunden, Ehepartnern, Gesellschaftsschichten und Völkern zerbrechen.

Aber am Jahresende versuchen wir Menschen unbeirrt die Liebe in fast der ganzen Welt zu leben! Der Gipfel ist das Weihnachtsfest mit all seinen Geschenken und köstlichen Mahlzeiten. Ja, das sind durchaus Zeichen der Liebe. Aber sie tragen nicht wirklich, oder?

Aber wie macht man das: Lieben? Wohl nicht wirklich, indem man sich arg anstrengt, das weiß jeder. Das ist dann halt, bei aller guten Absicht, „gemacht“. Echtes Lieben hat dagegen viel mit Zeit schenken und ehrlichem Interesse zu tun. Außerdem ist es niemals ein Tauschgeschäft: „Wenn du das und das tust, liebe ich dich, wenn nicht, dann eben nicht“, oder „Ich mache so viel für dich, da könntest du wohl mehr Zeit für mich haben.“ Sie findet eher statt beim Lauschen von Vogelgesang oder beim Schauen, wie ein Kind schläft. Da wollen Sie nichts und erwarten nichts, der Vogel und das Kind auch nicht.

Ich lade Sie ein, während der Adventszeit mal etwas ganz Schlichtes zu probieren: Wenn Sie zum Beispiel Holz hacken oder Kuchen backen, dann schauen Sie mit der Brille der Liebe, also der des Herzens zu, wie Ihre Hände und Ihre Muskeln ihren Dienst tun. Schauen Sie auch das Holz und die Teigzutaten mit dem Herzen an. Oder schauen Sie Ihren Mann oder Ihre Frau ab und zu mit der Herzensbrille an. Und genauso das kochende Wasser, die Wolken am Himmel und die Kassiererin im Supermarkt. Merken Sie auf, wie sich das in Ihnen anfühlt, so zu sehen: Es wird anders als sonst sein. Wissen Sie, warum? Weil es nach Liebe schmeckt!

Stans Möhringer
Ehrenamtliche Klinikseelsorgerin MKG