Adventsmail - 20. Dezember 2022

Herbergssuche

Liebe Leserinnen und Leser, 

vielleicht geht es Ihnen auch so, dass sich bei Ihnen einfach kein besinnliches Adventsgefühl einstellt, obwohl Sie sich das fest vorgenommen hatten? Möglicherweise haben Sie das Gefühl, dass das alles nur so an Ihnen vorbeirauscht, Sie mehr oder minder ohnmächtig zuschauen und dabei irgendwie funktionieren? 

Ein Wunder wäre das nicht: Zuerst Corona, dann der Angriff auf die Ukraine, nun die stark steigenden Energie- und Lebensmittelpreise und die damit verbundenen Sorgen. Ganz zu schweigen von der angespannten personellen Situation im Dienst und der spürbar erhöhten Reizbarkeit von uns allen. Dann will man noch die passenden Geschenke finden und Weihnachtskarten schreiben. Und natürlich die Weihnachtsfeierlichkeiten in der Familie oder für sich alleine vorbereiten.
Im Advent finden wir oft keinen ruhigen Tritt, keinen Ort und keine Zeit für uns selbst. 

Vielleicht wollen Sie daran etwas ändern? Dann lohnt sich ein Blick in die Weihnachtsgeschichte. Maria und Josef waren damals in einer ähnlichen Situation. Sie mussten ungewollt nach Betlehem reisen und fanden mit ihrem neugeborenen Sohn Jesus keinen Platz in einer Herberge. Maria und Josef haben improvisiert, haben bestimmte Erwartungen gehen lassen und das Beste aus der Situation gemacht. Wenn schon kein Bett, dann eben eine Futterkrippe als Wiege.

Vielleicht wollen Sie in dieser stürmischen Zeit für sich selbst auch eine bergende Krippe finden, eine Herberge für Ihre Seele?

Das kann eine ruhige Ecke in Ihrer Wohnung sein, die Sie sich schön einrichten. Und wenn es sich räumlich nicht machen lässt, kann das auch ein innerer schöner Ort sein, an den Sie sich zu einer bestimmten Tageszeit zurückziehen können. Und wenn es draußen einfach nicht ruhig werden will, könnte auch das gute alte Ohropax helfen oder moderner: Kopfhörer, die Umgebungsgeräusche wegfiltern können. 

Und Sie lassen dort zu dieser Zeit für sich alles los, was Sie von sich selbst einfordern und was andere von Ihnen erwarten. Sie gönnen sich, einfach da zu sein.
Einfach – da – sein. Sie spüren Ihrem Atem nach, wenn Sie mögen. Und Sie lassen sich tragen. Und vielleicht werden Sie davon überrascht, was sich im scheinbaren Nichts-Tun in Ihnen einstellt. 
Wenn Sie mögen laden Sie an einer Stelle Gott ein, sich zu Ihnen zu gesellen; vielleicht ist Er ja schon längstens bei Ihnen. Gott in Ihnen und Sie in Gott. Und irgendwann entlassen Sie sich wieder aus Ihrer Herberge. Aber in dem Wissen, dass Sie dorthin zurückkehren können, nicht nur im Advent und an Weihnachten. 

Gute Erfahrungen in Ihrer Herberge wünscht Ihnen 


Ihr Andreas Mauser
von der katholischen Klinikseelsorge