Klinikseelsorge wehrt sich gegen verschlechterte Arbeitsbedingungen im KaE

Klinikseelsorger*innen ohne eigene Büros und Sprechzimmer für vertrauliche Gespräche, dazu eine deutliche Verkleinerung der Kapelle und Umwidmung in einen interreligiösen Raum der Stille - das sehen die Planungen für den Umbau des Klinikums am Europakanal aktuell vor.

Die beiden Klinikseelsorger im Haus, Pfr. Matthias Schulz (ev.) und GR Birgit Linz (röm.-kath.) wollen das verhindern und versuchen, Unterstützer*innen in kirchlichen und politischen Kreisen zu gewinnen, damit sie ihrer Arbeit weiterhin mit einer adäquaten Ausstattung nachgehen können. Dabei können sie sich auf die Krankenhausseelsorge-Ordnung (KHSO) der ELKB berufen. Darin heißt es in § 6.2.1.:

 "Zur Ausübung der Krankenhausseelsorge sind folgende Räume erforderlich:

  • Eine Kapelle oder ein Gottesdienstraum
  • Ein Büro mit angemessener Ausstattung
  • Weitere Räume, die bei Bedarf (Gruppengespräche, Fortbildung etc.) mitbenutzt werden können"

Den Brief der beiden finden Sie hier unten im Wortlaut und als pdf zum Download.

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Krankenhausseelsorge im Klinikum am Europakanal
Erlangen, 20.07.2023

Die Neubau-Planungen führen zu massiven Einschränkungen der Seelsorge

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit über 21 Jahren arbeite ich als Gehörlosen- und Klinikseelsorger im Team mit meiner katholischen Kollegin Birgit Linz sehr gerne, engagiert und erfolgreich im Klinikum am Europakanal. Leider stellen wir fest, dass in den Neubau-Planungen die Belange der Klinikseelsorge kaum berücksichtigt sind und wir dadurch in unseren Arbeitsmöglichkeiten massiv eingeschränkt sind

Bisher haben wir:
Kirche: 211,87 m2, 50 Stühle, Altar, Ambo, Orgel, Klavier, Tabernakel, Marienstatue, Gebetswand
kath. Büro: 9,11 m2, 1 Arbeitsplatz für GR., Akten, Literatur, Verteilschriften, Sitzgruppe für Seelsorge
ev. Büro: 10,58 m2, 2 Arbeitsplätze für Pfr. + Sekretärin, Akten, Gitarre, Literatur, Verteilschriften, Sitzgruppe für Seelsorge
Sakristei: 16,55 m2, Safe für Abendmahlsgeschirr, Altartücher, Kreuz, Gesangbücher, Altardecken, Liturgische Gewänder, Sitzgruppe für Seelsorge
Nebensakristei: 9,83 m2, Bibeln, Kühlschrank, Mikros, Leinwand, Beamer, Bilder, Verteilschriften, Akten

Wie wir inzwischen wissen, soll es im Neubau lediglich einen interreligiösen „Raum der Stille“ mit der Größe von 40 qm geben (Stühle für 15-20 Personen möglich). Eine Sakristei und Lagermöglichkeiten für unsere Materialien sind nicht vorgesehen.

Uns ist bewusst, dass wir wie andere Berufsgruppen bei einem Neubau mit Veränderungen umgehen müssen. Eine Umfrage unter den Krankenhausseelsorger*innen in Bayern bestätigt, dass es auch an anderen Standorten zu Einschränkungen kommt. Wir haben aber auch ermutigende Rückmeldungen erhalten, die zeigen, dass diese Einschränkungen nicht zwangsläufig sind, wenn der politische Wille und die Unterstützung der Entscheidungsträger für eine gelingende Seelsorge vorhanden sind.

So schreibt zum Beispiel Sabine Schmid-Hagen, REGIOMED-Klinikum in Lichtenfels: „Gegen einen aussagelosen Raum der Stille haben wir uns verwehrt, hatten aber auch die Unterstützung des Landrates, der uns Seelsorgende von vornherein und später auch die Dekane und Vertreter der muslimischen Gemeinden in die Planung einbezogen hat.“

Im Gespräch mit der kaufmännischen Leitung des KaE, Frau B. Teichmann, haben wir erfahren, dass die Seelsorge in Zukunft keine eigenen Büros mehr haben wird, sondern neutrale Räume, die neben der Seelsorge von mehreren Berufsgruppen und Kolleg*innen jeweils gebucht werden können. Meine katholische Kollegin und ich sind von dieser neuen Entwicklung entsetzt.
Für unsere Arbeit ist es sehr wichtig, dass Patient*innen und Klinikpersonal eine feste Anlaufstelle haben. Sie wissen, wo sie uns antreffen können, wenn sie den Wunsch nach geistlicher Begleitung haben. So kommt es immer wieder spontan zu Seelsorge-Gesprächen.

Schon der Weg zum Seelsorge-Büro, weg aus der Stationsumgebung, hat für viele Patient*innen eine wichtige Bedeutung und eine therapeutische Funktion. Daher führen wir neben den Seelsorgegesprächen in der Neurologie am Krankenbett oder auf geschlossenen Stationen einen Großteil unserer Gespräche in unserem Büro.

Die Gesprächspartner*innen, die uns aufsuchen, haben einen unterschiedlichen konfessionellen und religiösen Hintergrund. Inhalte unserer Gespräche sind oft die Bewältigung der aktuellen Lebenskrisen, Trauerprozesse, Ehe- und Familienprobleme, der Umgang mit der eigenen Erkrankung und religiöse Fragen. Mitarbeiter*innen thematisieren hier auch Belastungen in der Arbeit oder im privaten Umfeld.

Pfr. Schulz hat bereits 2016 und 2019 Kontakt mit dem Vorstand der Bezirkskliniken Mittelfranken sowie dem Bezirkstagspräsidenten des Bezirks Mittelfranken aufgenommen und auf den Raumbedarf und notwendige Arbeitsbedingungen für eine gelingende Seelsorge aufmerksam gemacht. Wir würden uns freuen, wenn unser Anliegen - auch im Gespräch mit Interessenvertretern anderer Religionsgemeinschaften – Gehör findet.

Wir Seelsorger*innen im Klinikum am Europakanal bitten Sie sehr herzlich um Ihre Unterstützung, damit wir im Interesse der betroffenen Patient*innen, Angehörigen und Mitarbeitenden auch in Zukunft unseren Auftrag in guter Weise erfüllen können!

Mit freundlichen Grüßen,

Pfr. Matthias Schulz                          GR Birgit Linz
Gehörlosen- und Klinikseelsorger    Klinikseelsorgerin